von Burkhard Büttner, 11.11.2012
Oh Mann, was hat mich Borderlands schon an Zeit gekostet. Diese unglaubliche Mischung aus Mad Max im Comic Stil auf einem absolut unwirtlichen Planeten mit jeder Menge merkwürdiger Typen und noch viel mehr abartigen Gegnern hat mich in seinen Bann gezogen. Und nun ist endlich der lang ersehnte zweite Teil auf dem Markt und schon wieder passiert das gleiche mit mir. Es ist wie ein Fluch, der mich so lange an den Rechner fesselt, bis auch die letzte Aufgabe erledigt ist.
Borderlands geht nicht da weiter, wo der erste Teil aufgehört hat. Vielmehr handelt die neue Geschichte von vier neuen Kammer-Jägern und ihrem Kampf um die Befreiung von Pandora, denn Handsome Jack, der Chef der Hyperion Corporation, hat sie alle in der Hand. Handsome Jack will den "Krieger" , ein uralter Alien-Bösewicht, wieder zum Leben erwecken. Und Sie sollen das natürlich verhindern. Treffen Sie auf alte Bekannte wie den Original-Kammer Jägern Roland, Lilith, Brick und Mordecai und besiegen Sie Jack, vernichten Sie den Krieger und retten Sie Pandora. Was für Charaktere sind diesmal dabei? Nun, vermutlich ist für jeden Geschmack etwas dabei. Da ist zum Einen Axton, ein Commando-Soldat, der zur Unterstützung als ein automatisches Maschinengewehr aufstellen kann, um vorab das Feld zu räumen oder auch zur Rückendeckung. Dann gibt es noch Zero, den Attentäter. Er hat die Fähigkeit, ein Holographisches Bild von sich zu projizieren und damit die Gegner zu verwirren. Salvador, der Gunzerker, ist der Mann für's Grobe. Das sieht man nicht nur an seinem massiven und martialischen Äußeren, sondern auch an der Tatsache, dass er zwei Waffen gleichzeitig bedienen und sich somit dem Gegner mit massiver Feuerkraft entgegenstürzen kann. Natürlich gibt es auch noch eine weibliche Kammer-Jägerin, die aber nicht minder tödlich ist: Maya, eine Sirene, kann mit ihrer Fähigkeit den Gegner in eine andere Dimension katapultieren und die Elemente beeinflussen. Man sieht, diese Kammer-Jäger stehen ihren Vorgängern in nichts nach, aber natürlich kann man seinen Charakter auch diesmal wieder mit Skill-Punkten verfeinern. Das Auswahlmenü wurde komplett überarbeitet und bietet nun sehr viel mehr Übersicht und jedes Mal, wenn man einen neuen Level erreicht hat, gibt es einen Punkt zu vergeben. Das Schöne daran ist, dass man an die Punkte auch wieder rückgängig machen und neu verteilen kann.
Zu Beginn fangen Sie aber ganz klein an, Sie kommen also fast nackt - wenn man das bei schlecht bewaffneten Jägern so nennen darf - an. Und wie immer ist es der nervige Claptrap, der Ihnen direkt bei der Ankunft auf Pandora auf den Nerv geht. Nein, das ist so nicht korrekt, er betrachtet Sie als Ihren Untertan und darf Sie natürlich so behandeln. Aber was unterscheidet Borderlands 2 denn vom ersten Teil? Um das vorweg zu nehmen: erstaunlich wenig. Und das ist auch gut so, denn die wichtigsten Punkte wurden nicht geändert, dazu gehören die Steuerung und die Comic-ähnliche Grafik, die dem Action-Rollenspiel seinen eigenen Charakter gibt. Zu Beginn müssen sie kleinere Missionen erfüllen und erhalten dafür nützliche Gegenstände wie Waffen und Schilde beziehungsweise Geld. Je weiter Sie kommen, desto näher kommen Sie an die eigentliche Geschichte, um die sich das Ganze dreht, heran. Aber der Zentrale Anlaufpunkt ist die Zuflucht Sancturay, eine Stadt, die vor der Hyperion Corporation mit ihren Raumschiffen im Orbit durch einen Schild geschützt ist. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, denn Sie müssen sich erst einmal den Zutritt verdienen. Und das geht natürlich wieder nur durch die Erfüllung von Quests. In Borderlands 2 gibt es davon sehr viele, Sie müssen aber nicht alle erfüllen, um zum Ziel zu kommen. Aber gerade das macht den Reiz aus, denn gerade dadurch entdecken Sie viele neue Gebiete und Geheimnisse und so manch eine neue Waffe springt dabei heraus. Die Quest sind thematisch hin und wieder völlig daneben, oder wie nennen Sie es wenn Sie Haare von irgendwelchen wilden Tieren sammeln müssen, Pizza ausliefern sollen oder einfach den Postboten mimen müssen? Was tut man nicht alles für Geld, einige Quests bedeuten eine irrsinnige Lauferei, andere wiederum müssen unter Zeitdruck erledigt werden. Für die meisten davon kann man sich Zeit lassen, und das ist das Schöne daran, denn man kann sich alles in Ruhe anschauen. Im Laufe des Spiels treffen Sie auf die unmöglichsten Gestalten, die Ihnen wiederum Aufgaben zuteilen. Das wird mit der Zeit ziemlich unübersichtlich, aber mit der Tab-Taste können Sie sich jederzeit Ihr persönliches Menü aufrufen. Hier sehen Sie neben den noch offenen Missionen auch noch die zwar von Ihnen schon erledigten, aber noch nicht beim Auftraggeber abgeschlossenen. Dank der möglichen Sortierung der Missionen nach Schwierigkeitsgrad, Status oder Region können Sie auf einen Blick sehen, was noch zu erledigen ist. Schön hierbei ist zudem, dass Sie gleich nachschauen können, was vor Ort noch so alles erledigt werden muss. Im schlimmsten Falle müssen Sie für den Abschluss nämlich zum Beispiel nach Sanctuary zurückreisen um dann anschließend wieder an den Ort des Geschehens zurückzukehren. Sobald Sie eine andere Mission ausgewählt haben, wechseln auch die Zielmarkierungen, die Sie aufsuchen müssen. Das bringt uns zum Thema Reisen in Pandora. Wie auch im ersten Teil gibt es viel zu laufen, aber Gott sei Dank gibt es in fast jeder Region auch den Catch-A-Ride-Service, wo Sie sich ein Fahrzeug leihen dürfen. Das geht natürlich dann noch viel schneller. Die schnellste Reise-Variante ist aber ein Reisesystem, mit dem Sie sich direkt in die betreffende Region beamen lassen können. Dieses System steht zwar nicht überall zur Verfügung, aber wenn es vorhanden ist, ist es sehr wertvoll. Einen Manko aus dem ersten Teil haben die Entwickler gleich noch beseitigt, denn früher musste man sich schon Karten anfertigen, um sich im immer weiter wachsenden Universum zurecht zu finden. Das entfällt Gott sei Dank in Borderlands 2, denn die Übersichtskarte des Reiseportals zeigt Ihnen jede Station sowie den Namen der jeweiligen Region an und markiert zudem noch die jeweilige Zielregion gemäß Ihres aktuellen Quests. Natürlich kommt auch die Sammelleidenschaft nicht zu kurz. Allerdings ist natürlich das Fassungsvermögen des Rucksacks für Munition, Artefakte, Schilde, Granaten und Waffen begrenzt. Wie schön, dass es für alles einen Schwarzmarkt gibt, so auch in Sanctuary bei Crazy Earl. Der ist aber sehr wählerisch, was die Bezahlung betrifft, und nimmt nur Eridium an. Das wächst in Borderlands leider nicht auf den - ok selten vorhandenen Bäumen - und will gefunden werden. Oft werden Sie mit Eridium belohnt, wenn Sie einen sehr starken Gegner erledigt haben.
Borderlands lebt natürlich von den Charakteren. Neben Schlüsselfiguren, die Ihnen Aufgaben erteilen gibt es natürlich diverse Gegner, auf die Sie treffen. Und das sind mittlerweile einige mehr geworden. Die unbeliebten Skags - eine Art Wolf - spucken, kotzen und hacken ebenso wieder auf Sie ein wie die Spiderants, die gerne mal mit Netzen spucken, sie ansonsten auch anspringen oder überrennen wollen. Von beiden Gattungen gibt es natürlich einfach zu erlegende und schwerer zu tötende wie die Königinnen und die Könige. Gerade in kleineren Siedlungen stehen meistens die Einheimischen im Weg, und eine freundliche Begrüßung scheinen die komplett aus ihrem Repertoire gestrichen zu haben. Klar, es kommen wieder eine Menge Irre auf sie zugerannt, die mit Beilen werfen oder sich vor Ihren Augen in die Luft jagen. Eine besonders üble Sorte ist zum Beispiel der rasende Goliath. Ok, der "normale" Goliath ist ja schon schwierig zu knacken, aber wenn man dem rasenden Goliath die Rübe abknallt, wächst dem ein neuer kleinerer Kopf (was ihm nicht wirklich gefällt) und bringt ihn dazu, wie ein irrer auf Sie zuzulaufen. Und Merke: Zwerge sind nicht niedlich! Zumindest nicht die auf Pandora. Neue Gegner stammen direkt aus dem Hause Hyperion. Neben diversen Soldaten, Scharfschützen und auch Ingenieuren kommen die noch viel gefährlicheren Roboter hinzu, die mit Flammenwerfern oder Säurekanonen ausgerüstet sind. Aber auch die Natur, wenn man es auf Pandora so nennen darf, hat merkwürdige Kreaturen erschaffen, die Ihnen nach dem Leben trachten. Im Laufe des Spiels treffen Sie so auf die Tresher, die aussehen wie Seemonster und lange Tentakel besitzen und sich unter der Erde fortbewegen. Crystaliske sind riesige Monster mit drei Füßen, die echt schwer zu knacken sind, Sie dafür aber mit Gold belohnen. Aber wir wollen an dieser Stelle nicht zu viel verraten, nur eines vorweg: Langweilig wird es nicht, wenn Sie in die jeweiligen Jagdgebiete reisen.
Die Umgebung ist bedeutend abwechslungsreicher geworden. Es gibt nicht nur Einöde oder Sümpfe, sondern auch giftig grüne verseuchte Gegenden, Eridium-Abbaugebiete in Lila aber auch freundlichere Regionen. Grafisch wurde auf einer neuen Engine entwickelt, die Anforderungen an die Hardware sind aber recht moderat. Wie schon erwähnt, ist der Charme des einzigartigen Comic-Stils erhalten geblieben. Besitzer einer Geforce-Karte mit Physix-Unterstützung dürfen zudem noch schönere Explosionen genießen. Viel spektakulärer wird es dadurch nicht, jedoch ist die Welt von Pandora wieder riesig und scheinbar grenzenlos. Das alles täuscht aber, denn die Bewegungsfreiheit wurde nicht sehr offensichtlich eingeschränkt: Berge können nicht in jedem Fall erklommen werden, um Gegner aus der Ferne zu erledigen. Irgendwann geht es einfach nicht mehr höher. Die Grenzen der einzelnen Gegenden sind zudem entweder in Form von Schluchten, Meeren oder Gebirgen gezogen, oder aber durch automatische Geschütztürme, die vor dem Beschuss freundlich warnen. Allzu lange sollte man aber nicht warten, denn die ballern munter drauf los. Sterben kann man bei Stürzen nur, wenn man in gesperrte Regionen springt, ansonsten überleben Sie problemlos hundert Meter, was natürlich auch praktisch ist, kann man so nämlich den ein oder anderen Rückweg abkürzen. Die Umgebung ist leider nur teilweise interaktiv. Viele Aktionen laufen nach einem vorbestimmten Skript ab, doch es gibt einige Gegenstände, vor denen Sie sich in Acht nehmen müssen, die Sie wiederum aber auch gegen den Gegner verwenden können. Häufig stehen Fässer mit den unterschiedlichsten Inhalten herum. Wenn Sie darauf schießen, explodieren diese und versprühen zum Beispiel Säure, Elektrizität oder auch Slag. Dazu gibt es noch diverse Pflanzen, die ähnliches Unheil anrichten. So verschießt zum Beispiel die Necrophage Sporen auf Gegner in der Nähe oder Kakteen versehen sie mit einem Schock. Schade ist, dass Sie Gegenstände nicht auf die Gegner werfen und sie damit zum Explodieren bringen können. Dies wäre sicherlich eine nette Erweiterung im dritten Teil, sofern es den geben sollte. Kritikpunkte gibt es hinsichtlich der Intelligenz der Gegner. Diese sind teilweise wirklich strohdoof und laufen entweder stumpf auf Sie zu und lassen sich abschießen, oder reagieren überhaupt nicht. An manchen Stellen schweben Gegner und auch Gegenstände ohne ersichtlichen Grund in der Luft. Das schreit nach einem Patch. Aber wenn man diese Unzulänglichkeiten außer Acht lässt, hat man eine Menge Spielspaß mit Langzeitmotivation. Wenn Sie getötet werden, kostet Sie das nur Geld und Sie respawnen wieder am letzten von den zahlreich vorhandenen Speicherpunkten.
Die Musik orientiert sich in der Art am Vorgänger und hat grundsätzlich was vom Western-Style, gepaart mit Techno. Hektischer wird es dann musikalisch, sobald Gegner im Anmarsch sind. Aber der Oberhammer sind wieder einmal die Sprüche und Kommentare der Akteure. Nach dem Respawn zum Beispiel kommt ein Hyperion-Kommentar "Hyperion empfiehlt, Ihren Körper auf überschüssige Gliedmaßen zu überprüfen, bevor Sie weiter machen". Noch eine Kostprobe gefällig? Der Sympatische Waffenhändler verabschiedet Sie zum Beispiel mit "Bis bald, mein Freund, wenn Du woanderst kaufst, lasse ich Dich töten". An dieser Stelle könnte ich wohl unendlich lange weitermachen, aber die Sprüche sind wirklich der Hammer und bringen eine ordentliche Portion Ironie und Spaß in das Spiel. Ohne diese, wäre der Spaß wohl nur halb so groß.
Völlig neu hinzugekommen ist die Möglichkeit, im Koop-Modus online mit anderen Mitspielern gemeinsam neue oder auch bereits gespielte Missionen durchzuspielen. Die Belohnungen für gefundene Gegenstände sind sehr viel höher, als wenn Sie das Ganze allein durchziehen. Die gespielten Missionen können zum Teil weit von Ihrem bisherigen Level entfernt sein, d.h. Sie spielen in Regionen, die Ihnen im bisherigen Spiel noch nicht freigeschaltet sind. Das Schöne daran ist, Sie können zum Beispiel stärkere Waffen und Schilde in Ihrem Einzelspielerdasein weiter verwenden und sobald Sie tatsächlich aufgrund der Story zur Mission gelangen, dürfen Sie selbst entscheiden, ob Sie die Mission alleine nochmals spielen oder die Mission als erledigt überspringen möchten.
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